Der EC VSV startet eine neue Interview-Serie. Den Anfang machen wir mit Andreas Schwab. Der Finanzvorstand und unermüdliche VSV-„Motor“ im Gespräch über die erfolgreiche vergangene Saison, die Herausforderungen und Folgen der Corona-Krise und seine dringende und für den VSV überlebenswichtige Forderung nach einer umfassenden Erneuerung der Halleninfrastruktur!
Hallo Andy, wie geht es Dir in dieser so herausfordernden Zeit?
Andreas Schwab: Danke, es geht mir sehr gut. Es gibt derzeit an vielen Fronten sehr viel zu tun, da ich für mehrere Unternehmen mitverantwortlich bin. Es gilt einerseits die durch die Corona-Krise entstandenen Schäden zu minimieren und andererseits, die Augen für neue Chancen offen zu halten – immer mit dem Blick nach vorne.
Der EC VSV darf auf eine sehr starke Saison zurückblicken: Man hat das Ziel, die Play-off-Qualifikation erstmals seit drei Jahren wieder erreicht. Aber auch finanziell hat der VSV unter dem neuen Vorstand den „Turnaround“ geschafft. Wie sieht Dein Resümee als Finanzvorstand aus?
Andreas Schwab: Ja, wir haben den Turnaround geschafft – sowohl aus sportlicher als auch aus wirtschaftlicher Sicht. Wir haben in der vergangenen Saison den 6. Platz nach dem Grunddurchgang geschafft, besser platziert war der VSV zuletzt in der Saison 2014/15, also vor 5 Jahren. Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs lagen wir in der Viertelfinale-Serie gegen Red Bull Salzburg ganz knapp mit 1:2 zurück und standen vor einem Heimspiel. Die Stimmung im Verein war erstklassig, wer weiß, was noch passiert wäre…Finanziell haben wir es geschafft, die Saison trotz der Corona-Krise mit einer schwarzen Null abzuschließen. Und dies trotz eines Budgets, das gut eine halbe Million Euro höher lag als in der Saison zuvor. Es bedurfte einer vorausschauenden Planung, da man in unserer Situation zu Beginn der vergangenen Saison noch nicht genau wusste, wie hoch beispielsweise die Zuschauer- oder die endgültigen Sponsoren-Einnahmen sein würden. Es haben sich aber die meisten Parameter sehr positiv entwickelt. Meine Prämisse war und ist es stets, nicht mehr Geld auszugeben, als wir zur Verfügung haben. Und es ist uns gelungen, dies die ganze Saison über streng einzuhalten.
„Finanziell haben wir es geschafft, die Saison trotz der Corona-Krise mit einer schwarzen Null abzuschließen. Und dies trotz eines Budgets, das gut eine halbe Million Euro höher lag, als in der Saison zuvor.“
Es gibt viele Verlierer in der aktuellen Corona-Krise. Der Sport ist definitiv einer davon. Ganz besonders natürlich auch die Vereine der Erste Bank Eishockey-Liga. Wie wird sich die Liga nach dieser Krise verändern?
Andreas Schwab: Zunächst haben alle Vereine beschlossen, bis Ende April keine neuen Spielerverträge abzuschließen. Die geschieht aus gutem Grund, denn man weiß zum heutigen Zeitpunkt noch nicht, ob die Liga in gewohnter Form im September starten kann. Es ist darüber hinaus noch nicht abzusehen, ob bis zum Ligastart beispielsweise alle Reisebeschränkungen auch für die Liga-Teilnehmer aus Italien, Tschechien und Ungarn aufgehoben werden. Die Liga wird sich Szenarien überlegen müssen, wie in solchen Fällen weiter verfahren wird.
Wenn wir von einem „best case“ ausgehen, dann wird die Liga wie geplant mit allen 11, vielleicht sogar 12 Vereinen – die „Bratislava Capitals“ haben einen Aufnahmeantrag gestellt -, ab September gespielt. Positiv ist auf jedem Fall, dass die Liga einen neuen Hauptsponsor gefunden hat, und die kommende Saison voraussichtlich im Free-TV zu sehen sein wird. Ich denke, dass dies auch für unsere Sponsoren sehr interessant sein wird.
Ganz konkret: Wie sehr hat das vorzeitige Saisonende den EC VSV wirtschaftlich getroffen?
Andreas Schwab: Der tatsächliche Schaden ist nur schwer zu bemessen, da die noch erzielbaren Einnahmen vom sportlichen Erfolg abhängig gewesen wären. Fest steht, dass wir bereits beim ersten Heimspiel gegen Salzburg aufgrund der sich abzeichnenden Corona-Krise Zuschauer-Einbußen verzeichnen mussten. Die Einnahmen für weitere Heimspiele sind in der Folge weggebrochen. Auch die Merchandising-Einnahmen sind von einem auf dem anderen Tag auf Null gefallen. Wir hatten beispielsweise eine eigene Playoff-Kollektion bestellt, die wir nicht mehr verkaufen konnten.
„Aus meiner Sicht ist der VSV ein Juwel, und er muss irgendwann wieder zu den Top-Vereinen in Österreich gehören. Das Potential ist da, und wir werden alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen. Die Fans hätten es sich verdient.“
Die Spieler haben sich solidarisch erklärt und auf einen Teil ihrer Gagen verzichtet.
Andreas Schwab: Ja, wir konnten eine Einigung mit unseren Spielern erzielen, dass sie auf einen Teil ihrer Prämien und einen auf einen Teil ihrer März-Gehälter verzichten. Der Verein ist allen Spielern dafür sehr dankbar. Ich denke, in Zeiten wie diesen ist das ein schönes Zeichen. Es ist sich jeder bewusst, dass er einen Teil zur Rettung des Vereins beitragen muss. Wie bereits erwähnt, haben wir die schwarze Null trotz allem erreicht. Das Problem sehe ich nun aber für die kommende Saison.
Wie schwer wird es, im Hintergrund der Corona-Krise und der zu erwartenden wirtschaftlichen Rezession ein konkurrenzfähiges Budget aufzustellen beziehungsweise auch Sponsoren zu gewinnen? Stichwort: Hauptsponsor!
Andreas Schwab: Der Vertrag mit unserem Hauptsponsor ist ausgelaufen und wurde nicht verlängert. Wir sind PANACEO sehr dankbar, dass sie den VSV in diesen schwierigen Zeiten großzügig unterstützt haben. Hinzu kommt nun noch, dass sich die Gelder der Liga aufgrund des Rückzuges der Erste Bank und Servus TV trotz neuem Liga-Hauptsponsors in der kommenden Saison um gut 100.000 Euro reduzieren werden. Die Planungen für die kommende Saison gestalten sich daher äußerst schwierig. Bei den Abo-Verkäufen, die wir im Juni starten möchten, hoffen wir auf die Treue unserer Fans. Ich denke aber, dass die vergangene Saison durchaus Lust auf mehr gemacht hat. Faktum ist: Der VSV benötigt so schnell wie möglich einen neuen finanzstarken Hauptsponsor. Wir sind seit Wochen mit mehreren Kandidaten in Gesprächen. Die Corona-Krise hat diese Gespräche jetzt aber erst einmal unterbrochen.
Muss damit gerechnet werden, dass in Hinkunft die Kluft zwischen jenen Klubs, die von Mäzenen unterstützt werden, und den Rest der Liga noch größer wird?
Andreas Schwab: Ja, mittelfristig wird auch der VSV einen Mäzen benötigen. Der Eishockey-Sport hat sich in Österreich im letzten Jahrzehnt zu einem Mäzen-Sport entwickelt. Kleinere, finanzschwächere Vereine, die alles aus eigener Kraft stemmen müssen, hinken mit ihren Budgets deshalb auch um Welten hinterher. So sind die Etats der großen österreichischen Klubs mittlerweile mehr als doppelt so hoch wie beispielsweise das Budget des EC VSV. Der Grund, warum wir vergangene Saison dennoch absolut konkurrenzfähig waren, ist, dass wir unsere Mittel sehr effizient eingesetzt und unser Sportvorstand sowie Sportmanager bei der Auswahl der Spieler ein äußerst gutes Händchen bewiesen haben.
Wie versucht man, diesen deutlichen Budget-Nachteil gegenüber einiger Konkurrenten auszugleichen?
Andreas Schwab: Wir müssen sparen, wo es nur geht, sind auch zum Teil auf ehrenamtliche Mitarbeiter angewiesen. Bei unserem tollen Team mit Geschäftsführer Andreas Napokoj an der Spitze, der in seiner ersten Saison einen hervorragenden Job gemacht hat, möchte ich mich auf diesem Wege bei allen auch ganz herzlich für ihren Einsatz und Enthusiasmus für den EC VSV bedanken. Was das Sportliche betrifft, dürfen wir uns wirklich keine Fehler erlauben. Das Positive an der Sache ist, dass wir mittlerweile tatsächlich äußerst effizient aufgestellt sind, und jeder Euro sehr gut überlegt ausgegeben wird. Unser Ziel ist es, den Verein transparent, sehr gut organisiert und nachhaltig finanziert aufzustellen. Wir werden weiterhin nur soviel Geld ausgeben, wie wir zur Verfügung haben. Unsere Bilanz ist kein Geheimnis mehr, jeder Interessierte erhält Einblick in unsere Bücher. Das soll nachhaltiges Vertrauen in den EC VSV schaffen. Vielleicht weckt unsere konservative doch professionelle Herangehensweise eines Tages das Interesse eines Mäzens oder eines Investors. Unser Credo ist, dass wir alle Gelder des VSV treuhändisch verwalten und garantieren können, dass das wirtschaftliche Gebaren stets gut durchdacht, effizient und transparent ist. Aus meiner Sicht ist der VSV ein Juwel, und er muss irgendwann wieder zu den Top-Vereinen in Österreich gehören. Das Potential ist da, wir werden alles daran setzen, dieses Ziel zu erreichen. Die Fans hätten es sich verdient.
Der Sportminister, übrigens ein Fußball-Fan, hat kürzlich ein finanzielles Hilfspaket für den Breitensport als auch für den Spitzensport in Aussicht gestellt. Hat man Angst, dass der Eishockeysport hier benachteiligt wird?
Andreas Schwab: Jeder Verein, der durch das vorzeitige Ende der Saison einen finanziellen Nachteil erlitten hat, hat dies der Liga gemeldet. Es wird jetzt ein gemeinsames Ansuchen auf Entschädigung an das Sportministerium gestellt. Ich denke, dass es für alle Vereine eine faire Lösung geben und jeder Verein zumindest einen Teil seines entstandenen Schadens ersetzt bekommen wird.
In welche Richtung wird sich die Eishockeyliga generell entwickeln. Stichwort: Solidaritätsfond, um die Kluft zwischen finanziell besser und schlechter gestellten Klubs nicht noch größer werden zu lassen. Wie siehst Du das?
Andreas Schwab: Ich könnte mir gut eine solche Art von Solidaritätsfond vorstellen, dessen Ausschüttung asymmetrisch zum Ausgang der jeweiligen Vorsaison erfolgt. Sprich, der Letztplatzierte erhält im Folgejahr das meiste Geld aus diesem Fond. Damit dies jedoch kein sogenannter Tropfen auf dem heißen Stein ist, müsste dieser Fonds mit entsprechenden Mitteln – also sagen wir beispielsweise 20 Prozent der durchschnittlichen Vereinsbudgets – ausgestattet werden. Das Gap zwischen dem größten und dem kleinsten Verein gehört in jedem Fall verkleinert.
„Die Gastronomie in der Halle gehört endlich an den Verein gebunden, die Stadthalle muss renoviert werden, es benötigt eine entsprechende VIP-Infrastruktur, wir brauchen mehr Sitzplätze und eine zweite Eishalle für die Nachwuchsarbeit. All das ist überlebensnotwendig.“
Zum Schluss noch eine Frage: Wie oft hast du es schon bereut, zuerst als externer Berater, dann als interimistischer Geschäftsführer und aktuell als Finanzvorstand – und das alles ehrenamtlich – für den VSV tätig geworden zu sein?
Andreas Schwab: Sagen wir es einmal so: Der VSV ist eine riesige Herausforderung. Ich denke aber, durch die harte und ehrliche Arbeit ist bereits Einiges entstanden. Ich erinnere nur, dass der Verein zum damaligen Zeitpunkt quasi insolvent war. In wenigen Monaten konnten wir ein Rettungspaket schnüren und den Fortbestand des Vereins somit sichern. Danach fragt heute niemand mehr. Dem Zuschauer ist das auch egal. Er verlangt, dass gutes und erfolgreiches Eishockey gespielt wird. Den Rest sieht er als selbstverständlich an, was es aber nicht ist. Ich werde mich solange für den VSV mit ganzem Herzblut einsetzen, solange ich erkennen kann, dass alle an einem Strang ziehen und gemeinsam etwas erreichen wollen. Damit meine ich die Fans, die Sponsoren, die Mitarbeiter und die Stadt Villach.
Du sprichst dabei die längst nicht mehr zeitgemäße Hallen-Infrastruktur an?
Andreas Schwab: Ja, wir haben nicht mehr viel Zeit. Vielleicht ermöglicht es ja die Corona-Krise, dass die für die Saison 2024/25 geplante Fertigstellung der neuen Infrastruktur vorgezogen werden kann. Hier gilt mein Appell an Bund, Land und Stadt Villach, rasch zu handeln. Der VSV muss in den nächsten zwei bis drei Jahren sein Budget um etwa eine Million Euro pro Jahr steigern, ansonsten macht es wenig Sinn, in der höchsten österreichischen Eishockeyliga zu spielen. Das muss jedem bewusst sein.
Fotos: René Krammer